Live-Stream statt Live-Veranstaltung!
Der Schriftsteller Ilija Trojanow betrachtet in einem Gespräch mit Moderatorin Andrea Hiller die Krise und das aktuelle Ungleichgewicht aus der globalen Perspektive und in seinen komplexen Zusammenhängen: Kontrollmechanismen, Überwachungsmethoden, Finanz- und Investment-Kapitalismus in Verbindung mit strategischer Philanthropie, Lobbyismus, globale Produktions- und Güterketten, industrielle Landwirtschaft, grenzenlose Mobilität sowie strukturelle Ausbeutung und Gewalt. In seinem aktuellen Buch „DOPPELTE SPUR“ (www.fischerverlage.de) beschreibt er das globale Netzwerk aus Korruption, Betrug und Machtmissbrauch. "Die enormen Summen, die in den letzten Jahren und Jahrzehnten in der Geldwäsche, in der illegalen Wirtschaft verschoben werden, haben zu einer Konzentration von Vermögen und Macht geführt, die atemberaubend ist … und wir erleben zunehmend, dass diese oligarchische Schicht über dem Gesetz steht und eigentlich fast unangreifbar ist."
Zu den Lehren aus der Corona-Krise schreibt Trojanow: „Krise, gewiss das Wort des Jahres 2020, bedeutet in der griechischen Urform krísis laut Duden „Entscheidung, entscheidende Wendung“. Eine Chance somit, die jetzigen Zumutungen und Herausforderungen für grundsätzliche Verbesserungen zu nutzen. … Denn ein Land, ein Weltsystem, das von einem Virus so schnell in die Knie gezwungen werden kann, war schon davor krank. … Das, was sich Wohlstand nennt, basiert auf einer noch nie dagewesenen Ausbeutung von Natur und Mensch.“ (taz, April 2020)
Globale Krisen zeigen, dass wir alle in einem Boot sitzen. Vor zwei Jahren hat Trojanow gemeinsam mit Thomas Gebauer für das Buch „HILFE? HILFE! – Gegen Profit und Heuchelei. Wege aus der globalen Krise“ (www.fischerverlage.de) AktivistInnen in Sierra Leone, Pakistan oder Guatemala besucht. Nach einer Reise durch vier Kontinente und acht Länder kommen die Autoren zu einer bitteren Erkenntnis: Auf dem Fundament global-kapitalistischer Interessen und unfairer Handelsbeziehungen bleibt Hilfe oft nur eine gute Absicht, hat wenig bis nichts mit nachhaltigem Wandel zu tun, steht der Linderung von Not im Weg oder mutiert gar zum Selbstzweck. „In dem Maße wie Gesundheit, Bildung, Kultur, Hilfe in Not und andere Gemeingüter zu Handelswaren heruntergewirtschaftet werden, erscheinen sie interessant für Akteure, die an guter finanzieller Perfomance, sprich: Profit, Interesse haben und die nun den Druck auf die verbliebenen Reste der Sozialsysteme erhöhen. Nicht zuletzt das Geschäft mit der Gesundheit berge ein enormes Wachstumspotential…“
In Zeiten von Corona hat Ilija Trojanow 2020 etliche von ihnen wieder kontaktiert. „Die Textilarbeiterinnen in Karatschi, Slumbewohner in Nairobi oder Flüchtlinge in Mexiko, sie alle leben nahe dem Untergang“, sagt er, „ihre Situation ist jetzt noch einmal verschärft. Unsere Aufgabe ist es, die Globalisierung als moralische Aufgabe zu begreifen und uns als Teil eines Organismus gegenseitiger Abhängigkeiten. … Vor zwei Jahren sind wir durch die halbe Welt gereist, um zu erkunden, wie Gemeinschaften auf Krisen reagieren, wie sie sich selbst helfen und wie Außenstehende ihnen helfen können. … Quintessenz unserer Recherchen war die Einsicht, dass Katastrophen Chancen für Transformation bieten. Ermutigend waren jene Fälle, in denen es nicht eine Rückkehr zum Status quo gab, sondern ein Neuanfang gewagt wurde.“ Anmeldung erforderlich! (office@aktionsradius.at)
Die Veranstaltung im Aktionsradius mit Publikum ist aufgrund der neuen Covid-19 Verordnungnen abgesagt. Als Ersatz werden wir einen Live-Stream anbieten. Hier der entsprechende Link auf unserer Webseite: https://aktionsradius.at/de/medien/livestream